1. Düsser Milchviehforum
Vom 03. -05. März fand im Landwirtschaftszentrum Haus Düsse das 1. Düsser Milchviehforum statt.
Andreas Pelzer fasst die wichtigsten Inhalte zusammen und berichtet über den Verlauf der Veranstaltung.
Anton Holz, Vizepräsident der Landwirtschaftskammer NRW stellte in seiner Begrüßung das Konzept des 1.
Düsser Milchviehforums vor: "Mit dieser Veranstaltung soll der fachliche Austausch zwischen Beratung,
Industrie und Wissenschaft in der Milchviehhaltung gefördert und neueste Erkenntnisse aus den Bereichen
Betriebsentwicklung, Management, Bauen, Arbeitsorganisation und Ökonomie vorgestellt werden".
Dr. Gerd Haumann, Leiter des Landwirtschaftszentrums Haus Düsse begrüßte als Moderator des ersten Tages
die Teilnehmer und forderte diese zur regen Teilnahme und intensiven Diskussion auf.
In seinem Einführungsreferat zur Entwicklung des Milchmarkts nach 2015 stellte Berthold Achler,
Chefredakteur der Zeitschrift top agrar, in einem Thesenpapier mögliche Ansätze und Strategien für
Milcherzeuger und Molkereien vor. Nach seinen Ausführungen erleben die deutschen Milchviehhalter die für
2015 erwarteten Unsicherheiten in Bezug auf Milchquote und Milchpreis bereits heute und schlussfolgerte
daraus, dass die Milcherzeuger in Deutschland bereits heute das Jahr 2015 schreiben.
In seinem Thesenpapier zeigte er als eines der Hauptprobleme die aktuellen Liquiditätsengpässe vieler
Milchviehbetriebe durch den bundesweiten Absturz der Milchpreise auf.
Als Ursachen beschrieb Achler den weltweiten Rückgang der Nachfrage, aber auch die Überproduktion von
Milch und Milchprodukten innerhalb der EU. Da Brüssel den Milchmarkt nur noch begrenzt stütze, stieg der
ökonomische Druck auf Milcherzeuger und Molkereien.
Die Milchviehhalter reagieren mit Wachstum. Allein in Süddeutschland wurden im Jahr 2008, so Achler, 800
neue Boxenlaufställe gebaut. Aber auch in Norddeutschland würden die Betriebe kontinuierlich um zwei
bis drei Kühe pro Jahr wachsen. Neben dem betrieblichen Wachstum machte sich aber auch der Fortschritt
bemerkbar. Durch die weitere Optimierung von Zucht, Fütterung und Technik stiegen die Leistungen der
Kühe weiter.
In seiner 5. These machte Achler Mut. Der Milchstandort Deutschland hat Zukunft: Günstiges Klima, gute
Böden. Die gute Ausbildung und hohe Motivation der Betriebsleiter, sowie die flächendeckend gute
Beratung und nicht zu vergessen die über 80 Mio. Verbraucher im eigenen Land. Mit diesen
Voraussetzungen ließe sich auch in der Zukunft wirtschaftlich Milch produzieren, so Achler. In seinen
Ausführungen nahm er neben den Milcherzeugern, den Beratungsorganisationen aber auch die Molkereien in
die Pflicht. Sie müssten ihre Verhandlungsposition gegenüber dem Handel stärken und durch mehr
Innovation neue Produkte schaffen und somit die Wertschöpfung der Milch zu verbessern.
Den Anwesenden aus der Stalltechnik-Branche gab Achler mit auf den Weg, Probleme frühzeitig zu erkennen
und gemeinsam mit Praxis, Wissenschaft und Beratung nach Lösungen zu suchen und diese zeitnah in neue
Produktionen einfließen zu lassen.
In seinem Schlußplädoyer resümierte Achler, dass die Zukunft den Optimisten gehört. Milcherzeuger
sollen persönliche und berufliche Ziele definieren aber auch Zufriedenheit in Beruf und Familie
anstreben. "Wenn Vollerwerb, dann richtig! Zuerwerb ist mit Kühen erfolgreich möglich... Für tüchtige
Bauern gibt es ein Leben nach der Milchquote".
Andreas Lindenberg, Mitarbeiter der Niedersächsischen Landgesellschaft befasste sich mit dem Thema
Betriebsentwicklung unter der Berücksichtigung der steigenden Anforderungen an das Betriebs- und
Herdenmanagement. Er stellte in seinen umfangreichen Ausführungen praxisorientierte Lösungen vor, wie
sich Milchviehhalter auf die Zukunft vorbereiten können. Um Tiergesundheit langfristig zu erhalten und
Leistungsbereitschaft zu sichern fokussieren sich viele Betriebsleiter auf Kuhkomfort und
Arbeitsökonomie. Allerdings führten diese Entwicklungen zu deutlich steigenden Baukosten. Um dies zu
umgehen, müsse nach preisgünstigeren Stalltypen gesucht werden so Lindenberg.
Im Vorfeld zum 1. Düsser Milchviehforum wurden die Hochschulen in Deutschland angeschrieben und
aufgefordert, aktuelle Arbeiten vorzustellen. Unter anderen stellte Gudrun Plesch wissenschaftliche
Mitarbeiterin der Universität Kassel erste Ergebnisse ihrer Arbeit vor. In ihrer Dissertation
beschäftigt sie sich mit der Frage, ob ein guter Liegekomfort immer mit einer starken
Euterverschmutzung einhergeht? In ihrem Fazit kommt sie zu dem Schluß, dass größere Boxen nicht
zwangsläufig verschmutztere Euter verursachen und dass auch bei engen Boxenabmessungen die Euter
teilweise inakzeptabel verschmutzt sind. Andreas Melfsen von der Uni Kiel stellte die Ergebnisse seiner
Masterarbeit vor, in der er sich mit dem Einfluss der Melktechnik auf die Keratinbildung an der
Zitzenspitze beschäftigte. Stefan Sagkob von der Uni Gießen stellte eine Melkzeug-Untersuchung vor, in
der positive Auswirkungen auf die Zitzenkondition nachgewiesen werden konnte. Dr. Pache Mitarbeiter des
Versuchsguts Köllitsch in Sachsen referierte über die Wärmestrahlung unter dunklen Stalldächern und
plädierte für eine helle Dacheindeckung. Als Doktorandin der Uni Bonn und Mitarbeiterin der
Landwirtschaftskammer NRW stellte Katharina Bayer mit Cows and More das Beratungsangebot der LK vor,
mit dem Schwachstellen in Haltung und Management systematisch und objektiv erkannt und
Lösungsvorschläge zur Verbesserung der Haltungsbedingungen in Boxenlaufställen gegeben werden vor.
Im weiteren Verlauf der Tagung wurden in sechs produktionstechnischen Workshops über die aktuellen
Beratungsaussagen der Landwirtschaftskammer mit den Teilnehmern aus Industrie, Beratung und
Wissenschaft diskutiert.
Am zweiten Tag stellte Dr. Jan Hulsen, Autor der Buchreihe: Kuhsignale, in einem erfrischenden Vortrag
die managementbedingten Anforderungen an Betriebe mit mehreren Robotern vor. Jeder Milchviehhalter,
der sich mit dem Einbau eines Melkroboters beschäftigt sollte sich vorab ernsthaft die Frage stellen:
"Bin ich ein Robotermelker?" Hulsen stellte klar heraus, das Betriebsleiter und Management größter
Erfolgsfaktor, aber auch das größte Hindernis für eine ökonomische Milchproduktion in Roboterbetrieben
darstellen können. Die Kunst des "Loslassens" beherrscht nicht jeder, und doch ist es genau das, was
im Umgang mit Automatisierung vorausgesetzt wird. Klare Strukturen des Tages mit regelmäßigen, klar
definierten Routinen und Aufgaben die mit Konsequenz und Disziplin eingehalten und umgesetzt werden
sichern nachhaltigen Erfolg im automatisierten Milchviehstall. Den Stallbauern gab Hulsen mit auf den
Weg, Ställe zu entwickeln in denen sich Kühe und Bauern wohlfühlen und auch ohne Navigationsgerät ans
Ziel kommen können. Im Anschluss referierte Prof. Gerhard Schleitzer (Leipzig) als renommierter
Forscher im Bereich Melksysteme und Arbeitsökonomie, über Arbeitsabläufe und Melkorganisation in
großen Milchviehbetrieben.
Zum Abschluss resümierte Reinhard Lemke, Abteilungsleiter der Landwirtschaftskammer als Moderator, dass
mit dem 1. Düsser Milchviehforums ein erster Schritt getan werden konnte um Erfahrungen in Bezug auf
Betriebsentwicklung, Bauen und Management in wachsenden Milchviehbetrieben auf hohem Niveau
auszutauschen, Netzwerke zwischen Beratung, Industrie und Wissenschaft zu bilden und kündigte für
2011 eine Wiederholung dieser Veranstaltung mit aktuellen Themen an.